
Es ist immer persoenlich
Am Morgen des 17. August 1956 wurde am Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe zum zweiten und zum bislang letzten Mal, in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland die Verfassungswidrigkeit über eine Partei erklärt und diese verboten. Es war der Beginn für die „Aktion Karabiner “. Im Verlaufe dieser Aktionen wurden zeitgleich alle Einrichtungen der Partei von Polizeikommandos gestürmt. Dies beschrieb den Endpunkt des Ringens um die KPD. Ein Augenzeuge erinnert sich in einem Interview in der NZ vom 7. September 2007. Fritz Rische ,welcher insgesamt dreieinhalb Jahre Untersuchungshaft und Gefängnis erlebte, schildert die Auswirkungen wie folgt:
„Überfallartig wurden am 17. August 1956 der Parteivorstand, Gebäude, Zeitungsverlage und Druckereien von Polizeikolonnen besetzt – alles Material beschlagnahmt. Hunderte Privatwohnungen wurden durchsucht und zahlreiche Verhaftungen vorgenommen. Nun konnten Funktionäre der KPD sogar für ihre Parteitätigkeiten vor dem Verbot bestraft werden. Erst Anfang der 60er Jahre wurde der entsprechende Paragraph aus dem politischen Strafrecht vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig aufgehoben, aber da waren schon Tausende gerade wegen dieses Paragraphen in langjährige Haft gehalten worden! Bis dahin hinausgeschobene Verfahren wurden von politischen Sonderkammern bei den Landgerichten und vom (BGH) nun intensiv wieder weitergeführt. Kommunistische Abgeordnete in Parlamenten verloren ihre Rechte, deren Fraktionen wurden aufgelöst. Betreiber so genannter “Ersatzorganisationen” konnten mit “Gefängnisstrafen nicht unter 5 Monaten” belegt werden. Das Verbotsurteil wurde als Mittel gegen das verfassungsmäßig geschützte Wahlrecht eingesetzt. Heinz Renner, nach 1945 der erste Oberbürgermeister von Essen, dann Minister in der NRW-Landesregierung, KPD-Vertreter im Parlamentarischen Rat und Abgeordneter der KPD im Ersten Deutschen Bundestag wurde wegen seiner Kandidatur zur Wahl nach dem Verbot unter Anklage gestellt. Einer seiner Wahlhelfer wurde zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt. Der in Düsseldorf stadtbekannte und angesehene Fraktionsvorsitzende der KPD im NRW-Landtag, Karl Schabrod (von einem Nazigericht zum Tod verurteilt!), wurde in gleicher Sache mehrfach verurteilt, und zwar von der politischen Sonderkammer des Düsseldorfer Landgerichts.“
Im Zeitraum von 1950 bis 1968 wurden ca. 250.000 Ermittlungsverfahren gegen rund 500.000 Bundesbürger durchgeführt und 10.000 von ihnen verurteilt. Am 18. August 2007 fand in Ziegenhals die Ehrung zum Todestag von Ernst Thälmann statt. Es trafen sich Kommunisten, Antifaschisten und Sozialisten und keiner forderte die Aufhebung des KPD Verbots! Der ehemalige Justizminister der DDR ebenso wenig wie der Vorsitzende des Freundeskreises Ernst Thälmann.
Ist das die Form geschichtlicher Aufarbeitung? Die Informationen über die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland sind wichtiger denn je für uns. Ob Kommunisten und Sozialisten in Gefängnissen saßen, ihnen die bürgerlichen Freiheiten und Rechte aberkannt, die Fahrerlaubnis entzogen, oder nur Berufsverbot ausgesprochen wurde – es bleibt ein unrühmlicher Teil der deutschen Geschichte.
Als Antwort auf das Verbot der Kommunistischen Partei nahm der Deutsche Freiheitssender 904 seine Arbeit auf. Redakteure aus beiden Teilen Deutschlands versuchten einen unabhängigen Radiosender auf den Äther zu bringen und zu halten. “Hier ist der Deutsche Freiheitssender 904 – der einzige Sender der Bundesrepublik, der nicht unter Regierungskontrolle steht.” Sprecher war Wolfgang Heinz, Schauspieler und späterer Intendant des Deutschen Theaters Berlin. Mit dem 30. September 1971 wurde der Betrieb als Folge der sich ankündigenden Entspannungspolitik auf Grund der begonnenen Verhandlungen zum Grundlagenvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR eingestellt.
Maßgeblich für dieses Ereignis waren die Veränderungen in der SED, so der Sturz Walter Ulbrichts, ein großer Unterstützer der West KPD, durch Erich Honecker am 3. Mai 1971 und der nicht ganz leichte Übertritt Max Reimanns, des langjährigen KPD- Vorsitzenden, in die 1968 gegründete DKP am 27. September 1971. Vielleicht war dies der Moment, in dem die Kommunisten in Ostberlin auf die Wiedervereinigung verzichteten. Bis zum Tag der juristischen Auflösung der KPD 1971 setzten sich die Genossen in Westdeutschland für die Wiedervereinigung ein. Wenige wussten, dass dieser Sender bis zum Schluss in der Nähe von Königs Wusterhausen seine Redaktionsräume hatte. Bestensee schien der geeignete Ort für diese Arbeit zu sein. Ein Grund mehr sich um die Aufhebung des KPD Verbots zu Bemühen und die Geschichte der westdeutschen Linken in unserem Landkreis weiter zu verfolgen.