
Es freut sich doch jeder Mensch, wenn er sich im Restaurant an einen liebevoll eingedeckten Tisch setzen kann. Die frische Blume, das fachkundig gelegte Besteck und eine frisch geputzte Menage deuten von einer gewissen Sorgfalt, mit der sich alle gerade auf mich vorbereitet haben. Im vorigen Jahrtausend hatten die Gastronomen manchmal noch den Aschenbecher dazu gestellt, manchmal gab´ s verpackte Zahnstocher … aber manchmal war der Spaß dann zu Ende, wenn das Essen serviert worden ist und der Mensch sich etwas aus der Menage nehmen wollte. Fast alle erinnern sich an die Situation, dass da aus dem Streuer erst gar kein Salz gekommen ist, bei heftigen Schütteln dann aber der gut geputzte Deckel mit dem Klumpen Salz in die Suppe gefallen ist, der Pfeffer in den Löchern kleben geblieben ist, der geöffnete Senftopf wie das Tankstellen-WC in Friedersdorf ausgesehen und das sonnengelbe Olivenöl appetitlich ranzig geduftet hat.
Was das Öl betrifft, wollte nun aber im vergangenen Jahr die offensichtlich fleißige, mir (zu) teure EU-Kommission in Brüssel hart durchgreifen: Die Ölkännchen sollten verboten werden. Doch im Mai war dann diese äußerst lebenswichtige Frage nach vielen Tagen harter Diskussionen geklärt. Die Mitglieder der Kommission mussten nicht mehr viele Male nach Brüssel fliegen – das Ölkännchen-„Embargo“ wurde zurückgenommen.
Nicht so aber bei den Spaniern. Die Öl-Multis in Spanien haben durchgesetzt, dass das Verbot für nicht etikettierte Ölkännchen auf den Tischen erhalten bleibt. Kein Spanier (oder irgendso ein dahergelaufener ausländischer Gastronom) soll mit Öl panschen dürfen. Auf den Tischen werden dann nur noch nicht nachfüllbare und versiegelte Flaschen zu finden sein. Die etikettierten Flaschen müssen die Gastronomen teuer kaufen, das wiederum geht in die Preise…und ich bin mir sicher, dass nur diejenigen daran verdienen werden, die Öl nicht nur auf den Tisch stellen – sondern vorher ordentlich geschmiert haben. Alles nur zu unserem Schutz, tönt´s aus der Lobby. Sicher werden wir sonnenhungrigen Urlauber durch die Vereinigung der spanischen Ölproduzenten bald aufgefordert, im Sinne des großen Russen Wladimir Iljitsch zu handeln, der ihnen da wieder mal mit seiner Losung in den Kram passt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Eben: Wenn´s uns „spanisch vorkommt“, was da auf dem Tisch steht.
Hartmut Kanter