In Brandenburg ist die Fusion von PDS und WASG gescheitert!

Dr. Steffen Hultsch (re) und Michael Reimann (Li)

Ein Interview mit dem ehemaligen Landesvorsitzenden der WASG Brandenburg Dr. Steffen Hultsch. Er  bereitet eine Veröffentlichung zu seinen persönlichen Erfahrungen als Vorsitzender der WASG in Brandenburg im Zusammenhang mit der Fusion beider Parteien vor. Mit ihm sprach Michael Reimann.

 
Lieber Steffen Hultsch, warum gerade jetzt die Erarbeitung zu diesem Thema?

Steffen Hultsch: Gerade in der heutigen schwierigen Zeit für eine vereinte Linke ist es wichtig den Prozess der Fusion zweier linker Parteien als Quellpartei für die neue Linke zu beschreiben. Der Bundesvorsitzende der Wahlalternative Klaus Ernst und einige andere aktive haben schon ihre Bearbeitungen vorgelegt. Meine persönliche Erinnerung an die Zeit sollen diesen Blick komplettieren.

Wie viele Mitglieder hatte die Wahlalternative in Brandenburg und der war Mitglied der Wahlalternative Brandenburg?

Arbeitsrecht

Es waren die unterschiedlichsten Biografien die Linke dazu führten Mitglied in der Wahlalternative zu werden. Bei mir und meinen Mitstreitern war schon seit 1989 mit der Gründung der USPD klar, dass es zwischen linker Sozialdemokratie und damaliger SED PDS ein breites Spektrum von politischer Interessenvertretung geben muss. Zu uns kamen viele interessierte linke Sozialdemokraten, Gewerkschafter und Wissenschaftler. Mitglieder waren Gastwirte, Professoren und Sozialarbeiter. 250 Mitglieder zählte die Partei bei der Vorbereitung der Fusion.

Um eine Fusion oder Kooperation zwischen Partnern gut vorzubereiten bedarf es nicht nur Absprachen sondern auch entsprechender Verträge. Welche wesentlichen Inhalte hatten diese Fusionsverträge und haben sich alle Partner an diese Verträge gehalten?

Diese Verträge und Vereinbarungen waren durchaus gegeben, allerdings hätte man sehen müssen, dass sie nur eine geringe Laufzeit haben werden. Das betrifft vor allem die ursprünglich festgeschriebene Zahl von ehemaligen WASG- Mitgliedern in den Leitungsgremien der neuen Partei auf Landes- und Kreisebene. Sehr schnell, und das ist auch der gegenwärtige Stand, sind in diesen Gremien ehemalige WASG- Mitglieder nicht mehr vertreten. Eine Fusion, wie immer wieder propagiert, auf „ Augenhöhe“ hat aus meiner Sicht, zumindest in den neuen Bundesländern nicht stattgefunden.

Vor einigen Tagen sind sie gebeten worden vor Genossinnen und Genossen der Partei Die Linke zu ihrem Buch Entwurf Stellung zu nehmen. Mit welchen Gefühlen sind sie in diesen Termin gegangen?

Ich halte es für wichtig, die Erkenntnisse aus der Fusion der Parteien nicht nur zu bewahren, sondern daraus auch die entsprechenden Schlussfolgerungen zu ziehen. Diesen widerspruchsvollen Prozess, gerade in Brandenburg, versuche ich in meinem Buch darzustellen. Es war wichtig, die tatsächlichen Abläufe darzustellen. Diesem Ziel diente auch die Vorstellung des Buches in der Geschichtskommission des Landesverbandes. Es ist schon erstaunlich, wie viel Unkenntnis über die tatsächlichen Abläufe der Fusion noch immer bestehen.

Welche Rolle spielte bei der Fusion in Brandenburg die Listen Zusammenstellung für Landtag und Bundestag Wahlen?

Die verworrenen Wege der Listenaufstellung zur Bundestagswahl 2005 haben das Verhältnis WASG – PDS damals stark belastet. Vom ursprünglich abgesprochenen Listenplatz 3 reichte die PDS den WASG- Kandidaten auf Platz 6 durch, der dann auch nicht für den Einzug in den Bundestag reichte. Heute wird das von Thomas Norde, dem damaligen Landesvorsitzenden  der PDS, mit dem „höheren“ Interesse des Bundesvorstandes der PDS begründet. Dieses ganze undurchsichtige Procedere habe ich in der „ Geschichte der WASG Brandenburg“ ausführlich beschrieben. 

Innerhalb der Wahlalternative gab es die verschiedenen Strömungen können Sie uns einige davon nennen und welche wesentlichen Auswirkungen auf die Entwicklung der Fusion hat diese Strömung?

Unterschiedliche Gruppierungen, so z. B. die sogenannte „ Steinheider Initiative“ oder die Brandenburger Abspaltung würde ich nicht als Strömungen bezeichnen. Die Unterschiede bezogen sich vor allem auf kritische Haltungen zum Landesvorstand und hier besonders auf den Zeitplan für eine Fusionierung. Einigen ging alles viel zu rasch, anderen sogar zu langsam. Einig waren sich viele in der Befürchtung, die Fusion führe zur völligen Aufgabe der Identität der WASG. Ein Teil dieser Befürchtungen hat sich aus meiner Sicht nach der Fusion leider bestätigt.

Wenn Sie zurückblicken auf die Fusion nun würden Sie sagen das eine vereinte Linke entstanden ist?

Auf dem Papier ist auch in Brandenburg aus den zwei Quellparteien eine neue Partei, DIE LINKE entstanden. Genau das, was wir immer wollten. Es ging uns um ein breitest mögliche Fusion aller linken. Man kann aber nicht verschweigen, dass in der neuen Partei kaum noch ehemalige WASG- Mitglieder zu finden sind, geschweige denn anderer linker, in den Leitungsgremien fehlen sie sogar völlig. Das hat schon einen gewissen Beigeschmack hinterlassen.

In den Tagen der Neubildung der Partei aus den zwei Quellparteien wurde immer wieder über die Pluralität der unterschiedlichen Meinung gesprochen. Wenn sie an die heutigen Ergebnisse der Fusion denken was fällt Ihnen zum Wort Pluralität ein?

Diese Frage ist im Rahmen dieses Interviews nicht umfassend zu beantworten. Es war jedoch augenscheinlich, dass unsere damaligen umfangreichen Ausarbeitungen u. a. zur Umwelt-, Wirtschafts- oder Rechtspolitik in der Programmatik der neuen Partei in Brandenburg keine Berücksichtigung gefunden haben. Andere Meinungen und alternative Ideen waren nicht unbedingt gefragt. Soweit kurz zur Pluralität. Ich bin froh, dass wir unsere als WASG Brandenburg begonnenen Arbeiten zur Neugestaltung des Arbeitsrechtes im Rahmen der Rosa- Luxemburg- Stiftung fortsetzen können.

Wie viel WASG steckt eigentlich in der Brandenburger Linken?

Aus meiner Sicht nicht sehr viel und das ist für die Zukunft sehrt bedauerlich. Da es um eine weitere Fusion der verschiedenen linken in der Zukunft  geht. Was sollen die von uns denken?

Im übrigen empfehle ich allen Interessierten das bei edition bodoni erschienene Buch „Geschichte der WASG Brandenburg“ zu greifen. Ich freue mich auf eine interessante Diskussion.

 Danke für das Gespäch

Kommentar verfassen