Ist unsere Wirtschaft auf die Zukunft eingestellt?
Die Bundeskanzlerin betont schon seit dem Jahr 2009 ihre politischen Grundposition, was die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands betrifft. Sie stellt fest: „Ein generelles Umsteuern der deutschen Volkswirtschaft lehne ich ab. Mein Ziel ist es, dass das Land Exportweltmeister bleibt.“ “Entsprechend der vorherrschenden Ideologie wurde die positive Entwicklung der Jahre 2010 und 2011 vor allem mit der internationalen Wettbewerbsfähigkeit, der grundsätzlichen gesunden wirtschaftlichen Basis und der Leistungsstärke der deutschen Ökonomie in Verbindung gebracht.” (so das Memorandum 2012) Allein diese Darstellung zeigt, dass ein Hinterfragen nicht nur nicht gewollt, sondern auch als kontraproduktiv eingeschätzt wird. Doch es bleibt so, dass die Wachstumsstärke der vergangenen beiden Jahre nur im Zusammenhang mit den nationalen und internationalen Konjunkturprogrammen zu verstehen ist. Langfristig scheint es unmöglich zu sein, ständig wachsende Exportüberschüsse zu erzielen. Doch für die Ideologen um Frau Merkel sind diese Überschüsse notwendig, um krisenhafte Erscheinungen so im Jahr 2009 nicht mehr zu erleben.
Diese Politik, die darauf zielt keine weiteren Optionen zu überlegen und zu fördern, kommt einer fahrlässigen Inkaufnahme gleich. Für wiederkehrende wirtschaftliche Sondersituationen wäre es wichtig, sich Maßnahmen zu überlegen, die die Binnennachfrage, nicht nur in Deutschland, stärken. Denn genau diese Binnennachfrage würde langfristig eine wirtschaftliche Gesundung möglich machen. Die umfassenden Kürzungsprogramme der letzten Jahre, wie die Steuersenkungen, Tarifabschlüsse, die den Namen nicht wirklich verdienen, oder die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes auf Hartz IV – Niveau und letzten Endes die ständigen negativen Auswirkungen der Agenda 2010 führen letztlich in weitere Krisen. Erschreckend ist die Bezifferung dieser ohnmächtigen Maßnahmen als Sparpaket. Langfristig gesehen ist das die Aufgabe wirtschaftlicher Grundpositionen und führt nicht zu Ersparnissen. Es wird zu mehr Ausgaben führen und die Exportwirtschaft stützen. Verheerend ist, dass die wirtschaftliche Grundposition der Bundesrepublik Deutschland als vorbildhaft innerhalb der Europäischen Union angesehen wird. Das hat automatisch zur Folge, eine wirtschaftliche Krisenentwicklung in den letzten Jahren billigend in Kauf nehmen. Zwischen Jan 2002 bis 2011 stieg die reale Wirtschaft im Export Deutschlands um rund 78 %. Er erreichte im vergangenen Jahr ein Volumen von 1,06 Millionen €. Im gleichen Zeitraum ist eine Steigerung des realen Bruttoinlandsprodukts jedoch nur um knapp 13 % zu verzeichnen.
Die Orientierung auf den Export von Waren und Gütern sind ein Merkmal der stärkeren Internationalisierung von Arbeitsprozessen und unterliegen der wirtschaftlichen Verflechtungsprozesse auf unserem Globus. Für sich genommen ist dieser Fakt noch kein Problem. Das Ungleichgewicht fängt an, dass in einem Land ständig mehr Waren und Dienstleistungen aus – als eingeführt werden. Dieser erzielte Überschuss auf der einen Seite einer Waage steht dem großen Defizit des Staates andererseits gegenüber. Mit der Einführung des Euros hat Deutschland ein Überschuss von 80 Milliarden (seit 2002) erwirtschaftet. Im Jahr 2011 wurde ein Rekord von ca. 133 Milliarden € erzielt.
Der Schluss liegt nahe, das durch diese Überschüsse die Gesamtwirtschaft weit unter seinen gesamtgesellschaftlichen Möglichkeiten liegt. Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss hat eine ständige Verschuldung des Staates zur Folge. Es kommt zu einem unausgewogenen Verhältnis der Länder und damit zu einer weiteren Verschuldung. Im Jahr 2010 betrugen allein die Nettoforderungen der größten deutschen Banken gegenüber dem Ausland 960 Milliarden €. Um die europäische Krise namhaft zu bewältigen, ist ein ausgewogenes Verhältnis von Exportorientierung und den damit einhergehenden Leistungsbilanzüberschüssen und der stärkere Hinwendung zu Importen nötig. Die richtigen Schritte wären Maßnahmen zur Stärkung der Binnennachfrage Deutschland als größte Volkswirtschaft im Verflechtungsraum der Europäischen Union zu beschlissen. Sonst provoziert die strategische Ausrichtung der heutigen politischen Elite hinsichtlich der Entwicklung der Lohnstückkosten, dass Deutschland weiter am Ende der europäischen Wettbewerber steht.
Allein das hat Auswirkungen auf die Leistungsbilanz Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und Frankreichs, die dauerhaft nicht in der Lage sein werden, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Ein Abwertung der Währungen ist durch die Währungsunion nicht so einfach möglich und hätte gravierende Folgen und damit eine wirtschaftliche Korrektur der Wechselkurse. Eine weitere Senkung der Lohnstückkosten dieser Länder ist damit verbaut. Kurzfristig wäre es nur durch unangemessene Lohnsenkungen aufzufangen. Die Folge wäre, dass die Binnennachfrage und damit einhergehend das Wachstum zum Erliegen kommen könnte. Strukturelle Reformen scheinen in diesen Ländern damit aussichtslos zu sein.