Liebknecht & Luxemburg

 

Die begruender der KPD – vor 94 Jahren

 

Die Geschichtsschreibung, vor allen Dingen der deutschen Arbeiterbewegung, verweist auf die Notwendigkeit der Herausbildung einer marxistischen Partei im Ergebnis der Novemberrevolution von 1918. Die Enttäuschung  über die sozialdemokratischen Führer wie Ebert, Scheidemann und Noske im Verlaufe der Novemberrevolution führte zu einer Unzufriedenheit und letztlich dem Vorwurf, dass die Sozialdemokraten sich in diesen Jahren auf die Seite des Großkapitals geschlagen hätten.

Zugleich wurde festgestellt, dass die Unabhängige  Sozialdemokratische Partei Deutschlands wenig Einfluss auf die Auseinandersetzungen der Zeit gewann. Diese junge Partei lebte mit innerer Zerrissenheit und dem Versuch, zentralistische Positionen ihrer Führung durchzusetzen. Damit arbeitete sie an den Lebensinteressen der Menschen auf der Straße vorbei. Mit  der Spartakusgruppe, die sich mit ihrer internationalistischen Ausrichtung (Gruppe „Internationale“) gut aufgehoben sah, waren die Hoffnungen verbunden, dass die Unabhängige Sozialdemokratischen Partei Deutschlands auf die revolutionären Gegebenheiten der Zeit Einfluss nehmen könnte. Vor allem Rosa Luxemburg, Leo Jogiches, ihr Lebensgefährte, und andere Persönlichkeiten trauten der USPD-Führung eine zielgerichtete Arbeit mit den  Massen zur Änderung der Situation, vor allen Dingen für die arbeitenden Menschen, nicht zu. Die Auseinandersetzungen in den Gremien der USPD führten zu einer Orientierung der Partei auf die Ziele der Spartakisten, der rechte Flügel wurde  isoliert und so waren die Voraussetzungen geschaffen, um eine neue Partei zu formieren. Am 29. Dezember 1918 schrieb Rosa Luxemburg in der Zeitung die „Rote Fahne“:

“… das deutsche Proletariat braucht heute  an seiner Spitze eine sozialistische Partei, die der großen Stunde gewachsen ist. Für eine Partei der halbherzigen Zweideutigkeit ist in der Revolution kein Platz. …. Die schleunigste Einberufung des Parteitags, der Erklärung und Entscheidung bringen wird, ist eine unabweisbare Forderung geworden!“.

Die Handelnden hatten das Vorbild der sozialistischen Oktoberrevolution vor Augen. Sie empfanden sich als Fackelträger einer revolutionären Bewegung, die die Welt ergreifen sollte. Von Russland, und nun auch von Deutschland, ausgehend, sollte die Befreiung der arbeitenden Menschen erreicht werden. Mit dem 14. Dezember 1918 stellt rosa Luxemburg ein ausgearbeitetes Programm des Spartakusbundes unter dem Titel „Was will der Spartakusbund?“ in der „Roten Fahne“ vor. Karl Liebknecht antwortete wenige Tage später. Zum Ende des Novembers formulierte er in seinen Leitsätzen eine, aus seiner Sicht, marxistische Antwort auf den Vorstoß von Rosa Luxemburg. In seinen Thesen wurde das Ziel formuliert, die Arbeiterklasse an die Macht zu bringen. Seine am 28. November 1918 veröffentlichte Schrift bildete demnach das geistige und politische Gerüst für die neu zu gründende Partei. Nun überschlugen sich die Ereignisse. Am 15. Dezember tagte eine außerordentliche Generalversammlung der USPD  von Groß-Berlin. Die Diskussion in dieser beeindruckenden Versammlung machte deutlich, dass sich diese Partei nicht von innen verändern ließ. Die später als Spalter titulierten Liebknecht und Luxemburg traten mit Hintergrund des am 6. Dezember 1918 versuchten Putsches der Generäle des deutschen Heeres und ganz konkret dem Ausgang der Reichsrätekongresses für eine organisatorische Plattform der Mehrheit in der USPD ein. Die Zentrale des Spartakusbundes rief für den 29. Dezember 1918 eine Reichskonferenz ihres Bundes nach Berlin ein. 3 Hauptthemen standen auf der Konferenz zur Beratung: 1. die krisenhafte Situation in der USPD, 2. programmatische Eckpunkte zur Gründung des Bundes, 3. eine Debatte zur Vorbereitung der Wahlen zur Nationalversammlung. Als Multiplikator wurde die Zeitung „Die Rote Fahne“ unverzichtbar, denn schon am 23. Dezember 1918 veröffentlichte sie wesentliche Punkte des Programms. Ein demokratischer Prozess und eine breite Debatte fanden in den nächsten Tagen in den Reihen des Spartakusbundes statt. Delegierte wurden mit Mandat und Auftrag gewählt.

Der preußische Landtagen war der Ort, an dem sich am 29. Dezember 1918 83 Delegierte aus 46 Orten mit 3 Vertretern des roten Soldatenbundes und einem Vertreter der revolutionären Jugend sowie 16 Gäste zur Reichskonferenz des Spartakusbundes trafen. Besonders zu würdigen ist, dass die meisten Delegierten aus den industriellen Ballungszentren Deutschlands entsandt worden waren. Nach einer geschlossenen Debatte formierte sich um 10:00 Uhr am 30. Dezember 1918  die Reichskonferenz als Gründungsparteitag der Kommunistischen Partei Deutschlands. Über den Jahreswechsel von 1918 zum 1. Januar 1919 tagte diese erfolgreiche Konferenz. Hermann Dunker erinnert sich: „ Auf dem Gründungsparteitag herrschte große Begeisterung, der ganze Parteitag stand noch unter dem Einfluss der Revolution. Wir freuten uns darüber, dass wir endlich die Partei schufen, die nun die Revolution weiterführen sollte.“ Zu Vorsitzenden der Partei wurden Wilhelm Pieck (Berlin) und Jacob Walcher (Stuttgart) gewählt. Eröffnet wurde die Konferenz von Ernst Meyer. In seiner knappen Rede versuchte er die Entwicklung der Spartakusbewegung seit Beginn des Ersten Weltkrieges zu beschreiben. Er wies auf die Rolle von Franz Mehring und Clara Zetkin hin. In seiner Einführungsrede setzte sich Liebknecht mit der, wie er schilderte, kleinbürgerlichen, zentralistischen Politik der Führung der USPD auseinander. Er verwies auf die Notwendigkeit, entschieden mit dieser Partei zu brechen. Er stellte fest “im Verlaufe der Zersetzung der alten Sozialdemokratie“ sei die USPD „Gelegenheitsprodukt des Krieges“. Sie habe “weder theoretische klare Grundsätze noch ein Aktionsprogramm“. Im Verlaufe der Konferenz wurde deutlich, dass eine zentralistische Führung der Partei entstand. Ohne weitere Diskussion wurde den Ausführungen von Liebknecht durch den Parteitag zugestimmt. Die euphorischen Situation führte dazu, dass noch am 30. Dezember 1918 am Vormittag mit nur einer Gegenstimme die Gründung einer revolutionären Partei verabschiedet worden ist. “Unter Lösung seiner organisatorischen Beziehungen zur USPD konstituiert sich der Spartakusbund als selbstständige politische Partei unter dem Namen Kommunistische Partei Deutschlands (Spartakusbund)“ (Quelle: Bericht über den Gründungsparteitag der KPD). Die Motivation für die Gründung beschrieb Hermann Dunker, einer der Mitbegründer der Partei später wie folgt: „Die Grundlage für uns war das Kommunistische Manifest und unser Vorbild war die Bolschewiki. Sie hatten ihre Partei in Kommunistische Partei umbenannt, und daher kam der Vorschlag, unsere Partei Kommunistische Partei Deutschlands (SpartakusbBund) zu nennen. Der Zusatz Spartakusbund sollte unterstreichen, dass der Spartakusbund die stärkste Wurzel der Partei war“ (Quelle:Dokumente und Materialien zur Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung Reihe II 1914 bis 1945, Bd. 2, November 1917, Dezember 1918, Berlin 1957 Seite 690).

Somit wurde versucht eine organisatorische Form für den Internationalismus einer Bewegung zu finden. Die durchaus revolutionäre Situation in großen Teilen Europas, Amerikas und den asiatischen Ländern lies die Schlussfolgerung zu, dass eine internationale Lösung für die Unterdrückung der Menschen hin zu einer gerechten Gesellschaft möglich sei. Die spätere Isolierung und die damit einhergehende Betonung der nationalen Besonderheiten in den Ländern, die erfolgreich einen Staatsstreich bzw. eine Revolution vollzogen, bleibt festzustellen. In ihr liegt die Begründung dafür, dass die notwendigen Debatten, der geistige Austausch, die Entwicklung neuer Theorien, die Ausbildung geeigneter Kader und nicht zuletzt die Überbetonung des Einzelführungsprinzip in den 60er Jahren und später zum Scheitern des real existierenden Modells einer zukünftigen Gesellschaft führte. Es bleibt ein mutiger und verwegener Schritt. Die KPD bewies bis 1971 (ihre Auflösung), dass ihre Mitglieder bis zur Selbstaufgabe für die Ideale dieser Partei eintraten. Sie wurden verfolgt, verboten, vor Gerichte gezerrt und in Konzentrationslagern bestialisch gequält. Diese vielen Treuen mussten den Verrat aus den eigenen Reihen hinnehmen. Ihnen gehört unser Dank und unsere Erinnerung!

 

Ihr Michael Reimann

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