Und immer wieder Staatssicherheit

Nach einer zweijährigen Überprüfungsphase hat am Mittwoch der Kreistag in Dahme  Spreewald die Ergebnisse der eingesetzten Prüfungskommission, der Mitglieder des hohen Hauses, auf eine hauptamtliche oder inoffizielle Mitarbeit, beim Staatssicherheitsdienst der ehemaligen DDR, vorgelegt.

Die Abgeordneten der verschiedenen Parteien taten sich vor zwei Jahren, bei dem Beschluss eine solche Untersuchung auf den Weg zu bringen, schwer. Nun folgte der Show-down.Es wurden durch die Stasi-Unterlagen-Behörde drei Mitglieder des Parlamentes diagnostiziert. Die Palette der Vorwürfe reichte von, nicht wissend abgeschöpft, über eine Monats-Jugendsünde, bis zu einem echten inoffiziellen Mitarbeiter.

Im Umgang mit diesem sensiblen Thema merkt man deutlich wie tiefgreifend die Kluft zwischen einzelnen, bei diesem speziellen Thema klafft. Im geschlossenen Teil war bei den meisten Abgeordneten tiefe Betroffenheit zu spüren. Einigen sah man den Genuss des Voyeurismus an. Besonders delikat sind die achtzigjährigen, die unseren Landkreis maßgeblich geprägt haben, aber von ihrer Lust sich in die Biografien anderer als Moralapostel einzumischen nicht lassen. Die selbst in der DDR an hoher Verantwortung waren und natürlich auch ihre Erfahrungen mit dem Staat machten. Selbst Arrangements eingingen und kassierten,  auch wenn es nur eine Grafik vom damaligen SED Bürgermeister war. Sie haben nicht das Recht, den am Boden liegenden noch weiter zu peinigen.

Die Mehrheit des Hauses entschied sich zur Offenlegung der Untersuchungsergebnisse. Frau Sabine Peter (UBL/Grüne) sprach mir aus dem Herzen, als sie feststellte “die Verantwortung, dass die Betroffenen aus der Veröffentlichung der Namen möglicherweise Schaden entsteht, kann ich nicht auf mich nehmen. Und die Demokratie kennt so etwas wie Verjährung-wir sind 23 Jahre nach der Wende.” Aber die Öffentlichkeit verlangt Auskunft von uns und unserem Umgang mit der Geschichte. Martina Eisenhammer (Die Linke) unterstrich:” und jeder Abgeordnete ist seinen Wählern verpflichtet.” Und weiter: “…unser Kreistag ist doch keine Presse die zur Veröffentlichung verpflichtet ist.” Frau Susanne Schreiner (CDU) hielt dagegen: “…wenn die Wähler freiwillig keine Antwort bekommen, sind wir verpflichtet, sie darüber in Kenntnis zu setzen. Wenn bei den beiden Betroffenen ein Wunsch bestanden hätte, die Öffentlichkeit zu informieren, dann wäre der richtige Zeitpunkt vor dem Bericht der Kommission gewesen und nicht danach.” Aber nach den Informationen die die Abgeordneten bekommen haben wurde klar: Einer wusste nichts davon, einer hat nur einige Wochen mitgemacht und keine wesentlichen Informationen weitergegeben. Und einer, den vielleicht Frau Schreiner meinte, gehört zu den Menschen die von Heinrich Mann 1914 so trefflich in dem Roman “DER UNTERTAN” beschrieben wurde. Als ABV in der ehemaligen DDR über viele Jahrzehnte tätig und im Aktenbestand als Zitat “…die Bereitschaft bei Herrn Müller erscheint ausgeprägt. Die lange Zusammenarbeit unterstrich das Interesse der Stasi an dieser Quelle. Hin und wieder bekam er Präsente…“ Heute ist er bei der NPD.

Richtig delikat wurde es, als in öffentlicher Sitzung über den Umgang mit den Unterlagen entschieden worden ist. Ohne Not verkündete der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Martin Wille, sämtliche Namen aus dem Bericht. Eine Zustimmung des Hauses war nun eigentlich nicht mehr möglich! Eine Entschuldigung kam zu spät. Ohne Zustimmung der Betroffenen und ohne Zustimmung des Kreistages sind damit interne Vorgänge von hoher Brisanz an die Öffentlichkeit gekommen. Dass die Tagungsleitung blass aussah und eigentlich ihren Hut nehmen müsste, weil sie keinen Einfluss auf dieses unwürdige Verfahren nahm, bleibt dahingestellt. Eigentlich wäre es für beide an der Zeit, sehr geehrter Herr Wille und sehr geehrte Frau Tölpel, Konsequenzen aus ihrem undemokratischen Verhalten zu ziehen.

Und das Fazit für mich, eine moderne Linke sollte, egal was die anderen machen, Politiker nominieren die unbelastet, von den negativen Elementen der Ost und West Geschichte sind. Den Anderen kann das keiner vorschreiben.

Aber diejenigen, die offen mit ihrer Biografie umgehen, müssen allerdings mitgestalten dürfen! Und wie im Bürgermeisterwahlkampf schon ein mal gesagt: „ Jesus hat Judas am Abendmahl den Verrat prophezeit und ihm vergeben.“ Es ist Zeit für Vergebung, Jesus konnte es auch. Und Sie?

Ihr Michael Reimann

 

An Frau Neumann, eine Maerchenfee?

Eine kleine Geschichte

es war einmal ein Mädchen mit dem Namen Karina Neumann. Ob sie Haare wie Ebenholz, Lippen so rot wie Blut und Haut so weiß wie Schnee hat, kann ich leider nicht sagen. Aber, dass sie eine Märchengestalt ist, wurde mir vor Kurzem deutlich klar. Bei uns Linken ist es immer noch üblich, Anderen die schwersten Unterstellungen und Vorhaltungen zu machen. Weil man zu feige ist, erfindet man ein Märchen.

So auch Frau Neumann, in einer schweren Identitätskrise zwischen Mann und Frau. So wie auch einige andere, die mich in den letzten Monaten regelmäßig mit Post bedacht haben. Zum besseren Verständnis wird Frau N. nun Märchenfee genannt. Ihr letzter Brief war sicherlich einer der Zartesten. Da hab ich doch von ihr schon ganz andere gelesen. Unsere Märchenfee schreibt “…in einer Demokratie darf jeder Mensch seine Meinung sagen, aber eine Nichtveröffentlichung von Meinungen in Form von Kommentaren kommt aus meiner Sicht einer Zensur gleich…” Richtig! Wäre dann nicht die Stimme aus dem Märchenwald. Und weiter “…man muss übrigens in keinem Verzeichnis stehen, wenn man eine normale Bürgerin ist. Ich bin zwar politisch sehr interessiert, aber eins können Sie mir glauben, das ich mich viel lieber im Hintergrund aufhalte…“. Und genau da beginnt das Märchen, um dann abzugleiten in eine Schmierenkomödie!

Die Unwahrheit und damit die Lüge, fängt immer an, wenn um Meinungen zu transportieren, Konspiration benutzt wird. Wenn mir Rotkäppchen z. B. schreiben würde, “…ich bekomme jeden Tag sehr viele Informationen über die Linke LDS und bin sehr erschrocken über den parteiinternen Zustand der Partei…“, würde ich ihr antworten: “Liebes Rotkäppchen, wenn du etwas verändern möchtest, bring dich ein. Du hast den Kampf mit dem Wolf gewonnen! Nun versuche dich mit uns für eine zukünftige demokratische Gesellschaft einzusetzen.” Und Rotkäppchen hätte dann auch das Recht gehabt die Frage, die Frau Neumann umtreibt zu stellen, nämlich “…ich habe auch ihr letztes Interview in der MAZ gelesen und frage mich ernsthaft, was sie damit bezwecken wollen. Können Sie mir das vielleicht mal genauer erklären? Aus meiner Sicht schadet es eher der Partei, als es ihr nützen würde. Ich lasse mich gern vom Gegenteil überzeugen, wenn Sie es mir gut begründen könnten…” Dem Rotkäppchen hätte ich gesagt: “Bei uns kannst Du deine Meinung einbringen. Bei uns darfst du deine Meinung sagen. Du solltest aber als Rotkäppchen deine Meinung sagen, damit ich weiß, woher du kommst und ob es Deine ist.”

Geschadet haben uns nicht Strukturen, sondern Menschen. Menschen, die im Bund von Gleichgesinnten, Ihrem Gegenüber, der unterlegen ist zurufen, “ihr habt den Krieg verloren”. Ich wäre mir sicher, Rotkäppchen würde meine Meinung teilen, wenn ich sage: “Wenn wir unterschiedlicher Meinung sind, kann das ja nur ausgesprochen erfreulich sein, wenn wir einen gemeinsamen Nenner finden. Das kann zum Beispiel das Erringen einer Zukunft sein.” Doch meine Erfahrung sagt mir, dass diejenigen, die sich verstecken und im Hintergrund bleiben, die Drähte im Dunklen ziehen und diffamieren, die Meinung biegen und damit die Wahrheit beugen und die werden die Verlierer der Geschichte sein! Wie zum Beispiel Erich Mielke, Josef Stalin, Nikolai Ceausescu, Polpot, Mao Zedong, und die Reihe wäre beliebig fortzusetzen. Alles Menschen, die angetreten sind für eine gerechtere Welt. Allesamt haben sie versagt, weil die Freiheit, Demokratie, Gleichheit und Brüderlichkeit als Auftrag zum Bespitzeln, zur Meinungsbeugung, zum Töten und einige von ihnen sogar als Auftrag zum Völkermord verstanden haben.

Eine linke Rockgruppe hat einmal Rotkäppchen als Rockoper aufgeführt. Bemerkenswert ist die Rolle des Fuchses. Zitat: “…bin ein Füchslein von den Schlauen, von niemand zu durchschauen, …denn die im Dunkeln sieht man nicht!…” Denn zur Freiheit, Demokratie und Gleichheit gehört die Akzeptanz des Gegenübers, die Ehrlichkeit und Offenheit. Um das allerdeutlichste Beispiel zu nennen, schreibt mir unsere Märchenfeen doch ernsthaft: “…nun muss ich auch mal ein Lob aussprechen, denn in ihrer (Noch)-Partei gibt es auch ein paar jüngere Genossen, die durch politische Arbeit und tolle Aktionen auffallen. Das hat Zukunft…“ Bloß welche tollen Aktionen meint die Märchenfee? Welches Stück Papier ist von denen, für die sich die Märchenfee einsetzt, beschrieben worden, welcher Vorschlag, den die Märchenfee eingebracht hat, ist denn nicht beachtet worden? Außer natürlich die Dinge, die uns nicht gehören, wie der 1. Mai! Liebe Märchenfee, der 1. Mai gehört den arbeitenden Menschen und seinen Gewerkschaften! Übrigens schon immer! Und nicht einer, nach Afrika auswandern wollenden Bierlaune. Leider ist die Bierlaune noch da. Ganz zu schweigen davon, dass unsere Märchenfee auch schon das Alter eines Erwachsenen erreicht hat und die Bierlaune rund 15 Jahre vor der Rente ist. Man hat der Märchenfee Vertrauen entgegengebracht. Man hat die Märchenfee in das zweithöchste Amt der Partei, hier im Kreis berufen. Aber die Märchenfee hat mit ihrem Giftpfeil und ihrer gespaltenen Zunge die Situation verschärft und vergiftet und es ist feige, dies ohne Konzept und Vision zu hinterlassen. Ja es gibt bei uns Hoffnung. Ja es gibt viele junge, wissbegierige, ehrliche und offene Menschen. Und die werden auch dafür sorgen, dass wir mehr junge Leute interessieren werden für eine Zukunft. Aber die Märchenfee, die mit ihren Märchenkumpanen, weil sie sich nicht durchsetzen, KGB Methoden bemüht, um ihre Meinung durchzusetzen, die schadet uns.

Liebe Frau Neumann, ich habe ihnen ein Angebot gemacht, eine öffentliche Diskussion zu diesem Thema zu führen. Sie haben mir bis jetzt nicht geantwortet! Vielleicht vor Angst oder vor Unvermögen. Sei es wie es sei, es ist Zeit, dass aus Ihnen wieder der nicht mehr ganz junge Mann mit seinem roten Irokesenschnitt und seiner erfrischenden Naivität wird. Denn nur das würde dazu führen, dass Sie ihren eigenen Weg, ihre eigene Meinung und letztlich ihre Mehrheit finden werden.

Ihr Michael Reimann

 

Zum Nachdenken:

„Sprich alles aus doch sag es schon vergoren.
Üb Kritik jedoch im Konjunktiv.
Und sei modern und mach uns weltverloren,
Und schmück uns mit der anderen Leute Mief.
Und sag uns, wo die wahren Spießer sitzen,
damit wir uns da alle einig sind.
Derweil sie in den Wurstfabriken schwitzen,
weht doch auf unserm Berg ein andrer Wind.“
– Wünsche des Publikums (1966)

Dieter Süverkrüp (* 30. Mai 1934 in Düsseldorf) ist ein deutscher Liedermacher, Kabarettist und Graphiker.